Universal Serie

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Frage 6: "Wie können KünstlerInnen bestmöglich ihren eigenen Stil fördern?"

(DERGRUBE im Experten-Interview für Universal Music / SPINNUP – 2015)

Indem sie sich ihrer selbst bewusst werden, sich erkennen und auch innerlich wachsen: Der Begriff “Selbst-Bewusstsein” meint dabei keine übersteigerte, künstlich überhöhte “Egozentrik” – sondern besagter Weise das “Bewusstsein über das eigene Selbst”:

Jede Stimme und jeder Mensch ist einzigartig und nur hier liegt die große Chance – dies “Eigene” gilt es heraus zu arbeiten: Eine Kopie kann noch so nah an das Original heranreichen – es bleibt eine Kopie. Eigener Stil ist somit immer “innerlich getragen”: Ist er dies nicht, so haben wir es lediglich mit einer oberflächlichen – möglicher Weise sogar bewusst konstruierten – “Masche” zu tun.

Was kann man also tun, um seinen eigenen Stil zu entwickeln? Auch hier gibt es wieder einen äußeren und einen inneren Weg (letztlich laufen beide auf dasselbe hinaus – ja, sind dasselbe – aber bleiben wir erst mal bei dieser Aufteilung):

Stimmen im Außen

Natürlich kann es durchaus hilfreich sein, erfahrene ProduzentInnen, SongwriterInnen etc. “im Außen” zu unserem künstlerischen Stil und zu unserer Gesangsleistung zu befragen – doch Vorsicht: Frag´ zehn Leute und Du hast elf Meinungen: So etwas liefert immer nur Indizien, da auch erfahrene Profis letztlich oft ihrem persönlichem Geschmack unterliegen und nicht jeder mit professioneller Objektivität gesegnet ist.

Außen-Beurteilungen behalten also immer etwas Subjektives – und das ist ja auch ok. Interessant ist somit auch immer die subjektive Sichtweise von Laien: So diese zwar “nicht vom Fach sind” – so kaufen sie doch nachher den Track auf iTunes… oder eben auch nicht :-)

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Den eigenen Geschmack hinterfragen

Im Außen kann es auch hilfreich sein, sich mal einige Wochen mit genau den Stilistiken zu beschäftigen, die man nicht mag:

Manchmal sind die Stücke, von denen man immer dachte “dass sie einem stilistisch nicht liegen” schlicht technisch nicht gut umsetzbar gewesen – und nach Ausräumung der entsprechenden Probleme plötzlich die totalen Lieblingsstücke.

Große Abneigung gegen etwas zeigt zumindest, dass uns etwas sehr anrührt. Da sind dann aber eben auch schnell persönliche Schubladen im Spiel – die es manchmal zu hinterfragen gilt. Um es (sehr) frei nach Hans-Christian Andersen zu sagen:

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Geiles schwanisch

Wer als "sich selbst nicht erkennender Schwan" unter Enten aufwächst (welche vielleicht noch dazu keine Schwäne mögen), wird sich ggf. ein Leben lang als schlecht singende Ente versuchen – ohne je zu merken, dass er eigentlich ein herrlicher Schwan ist – – und tiiierisch geil schwanisch singen kann. Einfach nur, weil er an einer von seiner frühen Lebensgeschichte geprägten Überzeugung festhält, die er nie hinterfragt hat. Was schon wieder “nach innen” führt... Der Weg zum “eigenen Stil” liegt in unser Persönlichkeit, unseren persönlichen Stärken und Besonderheiten – im Weg zu uns selbst: "Persönlichkeit" zu entwickeln, zu erkennen, wachsen zu lassen – und gegebenenfalls auch annehmen zu lernen – bedeutet einen permanenten “inneren Weg” zu gehen. Lebenslang. Und das bedeutet, dass man seine Neigungen hinterfragt:

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Was wir mögen, ist nicht immer das was wir sind

Das was wir zum Beispiel (musikalisch) gerne hören muss nicht immer das sein, was wir sind: Ich lebe z.B. begeistert mit einer Frau zusammen und finde die toll – ich selbst bin aber keine. Musikalisch betrachtet bedeutet die Nichtachtung dieser Erkenntnis manchmal viel Leid auf dem Weg zur Einsicht, dass man zwar total gerne schwarze Soul-Stimmen hört – aber selbst eben keine ist.

Bewusstmachung und Annahme des Selbst. Dabei ist das Leben die größte Übung. Ob durch besagte Übungen im Außen oder “den Weg im Innen” – z.B. via begleitendes Personal-Coaching, therapeutisch-angeleitetes “Sich anschauen” oder schlicht durch Rückmeldung seitens des eigenen Partners: Ein jeder hat seine Eigenart über seinen persönlichen Lebensweg entwickelt: Diese zu erkennen und verstehen zu lernen führt uns näher zu uns – und damit näher zu unserer Kunst. Ohne Frage: “Sei einfach Du selbst” sagt sich schnell daher – so wahr dies auch ist – es ist meist ein langer Prozess, der oft auch bedeutet, offen für scheinbar “nicht zu uns passendes” zu sein – und sich auszuprobieren.

Nebenbei liegt hier übrigens auch die "Lebens-Versicherung" dafür, dass man – wenn man eines Tages möglicher Weise “berühmt” werden sollte – damit gut klar kommt:

Offene See

Denn im vollen Fokus von Medien und Bevölkerungs-Meinung zu stehen und dies gesund an Leib – und vor allem an Seele – zu überstehen benötigt gute Erdung und ein “gutes in der Mitte” sein.

Man betrachte die Tragik eines Michael Jacksons, einer Amy Winehouse, eines Kurt Cobains, einer Whitney Houston u.s.w. – oder auch Band-Prozesse wie die im Metallica-Film “Some Kind of Monster” dokumentierten. Die Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied – und was nützt es, wenn Du die Welt gewinnst, aber an Dir selber Schaden nimmst? Und was nützt es uns Zurückgebliebenen, die wir Amy nicht mehr live erleben können?

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Siehe weiterführend auch den Artikel "Überall Superstars – Von fallengelassenen Sternen" aus der Shared Knowledge Serie.